Wein-Amphore

„Made in Südtirol“

Nicht, dass ich nie zuvor eine Wein-Amphore gesehen hätte, aber als ich dieser zum ersten Mal gegenüber stand habe ich völlig unbewusst, voller Andacht und ohne ein Wort zu sagen einfach nur mal mit meiner Hand ganz leicht über die ofengehärtete Form gestreichelt. Michael Knoll, in dessen Weinkeller am Großkemat-Hof in Prissian, diese Amphore steht, lächelte mich kurz an und meinte „…mir ist es genauso ergangen, als ich diese Amphore zum ersten Male gesehen habe“. Immerhin: Die erste Wein-Amphore aus Südtiroler Erde!

von Theo Hendrich

Die Amphore gehört zu einem der ältesten Vorrats- und Transportgefäße in der Geschichte der Menschheit. In vielen Bereichen ihrer zahlreichen Verwendungsbereiche ist die Amphore völlig verschwunden. Dient heute oft nur noch als Vase oder Dekorationsgegenstand. Eine besondere Rolle konnte sich die Amphore aber trotzdem bewahren, wenn es um den Ausbau von Wein geht, dem sogenannten „Amphoren-Wein“. Heute vor allem beim Ausbau von biodynamischen Weinen sehr beliebt, aber auch geschwefelte Weine, vorwiegend aus Georgien, werden häufig in speziellen Amphoren ausgebaut (siehe eigenen Beitrag). Vor diesem Hintergrund, der Tatsache, dass immer mehr Winzer*innen die Wein-Lagerung in Amphoren wiederentdecken (auch in Südtirol) und das Amphoren-Wein alles andere als eine Neuigkeit wäre, stellt sich die Frage: was möchte uns dieser Beitrag erzählen?

Begonnen hat alles mit Peter und Kyra Chiusole, welche einst eine kleine Töpferei am Prissianerbach betrieben haben, weil man dort einen ganz besonderen Lehm zur Verfügung hatte. Prissian, ein überschau- bares Dorf, man kennt sich und so führte das eine zum anderen. Irmgard Windegger, eine gebürtige Prissianerin, besitzt dort eine kleinere Weinparzelle. Gemeinsam mit ihren Lebensgefährten Franz Pfeifhofer bewirtschaftet sie zudem das biodynamische Weingut „Zollweghof“ bei Lana. Bereits vor 7 Jahren haben sich die beiden entschieden einen Teil ihrer Weine in Amphoren zu lagern. Überzeugt hatte sie vor allem das natürliche Rohmaterial der Am- phore, die Erde, in der die Weine reifen. Ähnlich atmungsaktiv wie Holz. Heute reift am Zollweghof der Weißwein „Goldraut“ in 5 Amphoren und einem Akazienholzfass. Es war somit nur noch eine Frage der Zeit, dass aufgrund der langen Freund- schaft zwischen den Chiusoles und den Winzern am Zollweghof eine Idee konkrete Formen, im wahrsten Sinne des Wortes, annahm. Eine Amphore aus Prissianer Lehm. Derweilen konnte auch der junge Prissianer Winzer Michael Knoll für die Idee gewonnen werden. Er war sofort überzeugt und unterstützte das Projekt auf Anhieb. Mit großer Begeisterung ging es nun an die Umsetzung.

Töpfern ist das eine – Wein in Amphoren das andere. Nicht jeder Lehm eignet sich automatisch für Wein-Amphoren. Aus diesem Grund war eine fachliche Expertise zwingend notwendig. Diese wurde sehr sorgfältig und ausführlich vom Geologen Christian Aspmeier erstellt und beginnt mit einem einfachen Beispiel: „Lehm ist ein mit Sand und Schluff vermengter Ton. Wenn das Rohmaterial sich beim Reiben zwischen Daumen und Zeigefinger sandig anfühlt, ist es Lehm, wenn es sich nur seifig anfühlt, dann handelt es sich um reinen Ton“. Aus dieser Erkenntnis lässt sich aber noch lange keine Amphoren-Produktion ableiten. Das Gutachten geht auf alle notwendigen Anforderungen ein und bestätigte den Ideatoren, dass sich die Lehmvorkommen am Feichtentolbachl bei Prissian perfekt für die Herstellung von Wein-Amphoren eignen. Das wirkliche Abenteuer allerdings beginnt erst jetzt. Zum einen muss der Lehm erst einmal abgebaut werden und zum anderen muss sich ein Hersteller finden lassen, der eine Amphore anfertigen kann. Wein-Amphoren werden heute nur noch von wenigen Spezialfirmen in 100%er Handarbeit hergestellt. Der Abbau am schwer zugänglichen Rinnsal in den Wäldern oberhalb von Prissian gestaltete sich alles andere als leicht und einfach.

Weil bereits voll ausgelastet oder schlichtweg wegen mangelndem Interesse sagten zunächst einige Amphoren-Produzenten ab. Man blieb hartnäckig und dies sollte sich als Glücksfall herausstellen. Der renommierte Amphoren-Produzent ARTENOVA in Impruneta bei Florenz war sofort von dieser Idee angetan und zeigte sich bereit das Projekt mitzutragen. Eine Probe-Amphore war notwendig, denn es gab noch einige Schwierigkeiten bei der Formung und dem Brand, dem Berufsgeheimnis der Amphoren-Töpfer. Doch von Beginn an war klar, der Lehm eignet sich sehr gut. Noch mehr Lehm war notwendig und nun wurde zusätzlich Prissianer Lehm für insgesamt 4 Amphoren in die Toskana geliefert. Dort trocknete das Material aus und wurde anschließend in einer speziellen Steinmühle verarbeitet, so fein wie Staubzucker. Daraus wurden nun die ersten beiden Amphoren geformt und gebrannt. Als Verschluss wird ein Ring samt Deckel aus Edelstahl eingesetzt. Ende Juli dieses Jahres wurden die ersten beiden Amphoren im Rahmen einer kleinen Feier am Zollweghof der Öffentlichkeit vorgestellt. Zahlreiche Vertreter und Interessenten der Weinszene waren anwesend, darunter auch die Präsidentin der Südtiroler Sommeliervereinigung Christine Mayr.

Eine dieser Amphoren von je 360 Liter Fassungsvermögen, steht seither im Wein- keller des Großkemathofs in Prissian bei Michael Knoll. Aller Voraussicht wird dort für die nächsten zwei Jahre ein Teil seines Weissburgunders reifen. Eine weitere Südtiroler Amphore steht am Zollweghof bei Irmgard Windegger und Franz Pfeifhofer. Diese werden ihren Weißwein „PrissLa“, der je zur Hälfe aus einem Weinberg in Prissian und Lana stammt, einlagern. Noch befindet sich beim Hersteller in der Toskana Material für 2 weitere Amphoren. Denkbar also, dass es alsbald zusätzliche Amphoren aus Südtiroler Erde geben wird. Denkbar aber auch, so die Ideatoren, dass die Weine in Tonflaschen, geformt aus der heimischen Erde, abgefüllt werden. Die Ideen gehen den am Projekt Beteiligten also nicht aus. Entstammen sie doch bestimmt einem guten Glas Wein aus dieser herrlichen Weinregion. Das erklärt einiges.

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