Interview mit Dieter Frickel

Der Motivator

Er sieht sich als Teamplayer und setzt auf Kommunikation: Dieter Frickel ist Manager des Hotels Four Points by Sheraton in Bozen. Im DIONYSOS-Interview spricht er über seinen familiären Führungsstil und über das Erfolgsgeheimnis der Südtiroler Hotellerie.

von Roman Gasser

Der Beruf eines Hotelmanagers ist vielseitig und mit großer Verantwortung verbunden. Ein Hotelmanager ist für das Personal zuständig. Und er muss stets nach neuen und innovativen Lösungen suchen, um die Hotellerie weiterhin zu stärken.
Auch der Sommelier spielt in der Hotellerie eine zentrale Rolle. Laut Dieter Frickel kann der Sommelier sogar das Zünglein an der Waage sein.

Wie sich die Südtiroler Hotellerie weiterentwickelt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Um eine perfekt Symbiose zwischen der Hotelführung und den Mitarbeitern zu schaffen, braucht es einen Vermittler, der sehr viel Knowhow und Feingefühl besitzt und sich intensiv mit den Herausforderungen auseinandersetzt. Genau diese Mittlerrolle nimmt meistens der Hotelmanager oder GM (General Manager) ein. So auch Dieter Frickel, der – trotz seines jungen Alters – auf eine lange und spannende Karriere zurückblicken kann.

Er war bereits Hotelmanager, als Andere gerade einmal mit dem Bachelor-Studium durch waren. DIONYSOS hat den energiegeladenen Manager im tollen Sheraton-Restaurant zum Mittagsplausch getroffen.

DIONYSOS: Herr Frickel, Sie waren beruflich viel in Deutschland, Italien und Österreich unterwegs. Wie abwechslungsreich war ihr bisheriger Berufslaufbahn?

Dieter Frickel: In sehr jungen Jahren stand ich vor der Entscheidung, welchen Sommerjob ich machen könnte. Viele in meinem Alter sind auf die Alm gegangen. Erich Falkensteiner (Falkensteiner Hotels) ist ein Freund meiner Familie, er hatte mich weiterempfohlen, also ging ich als Hausmeistergehilfe nach Ehrenburg. Nach ein paar Jahren hab ich die Hotelfachschule in Meran besucht, bin aber in meiner Freizeit immer wieder zur Falkensteiner-Gruppe arbeiten gegangen. Man kann sagen, dass ich damals eine On/Off-Beziehung mit Falkensteiner pflegte – ich habe dort immer sehr viel gelernt – vor allem wie man einen Betrieb führt. Ich hab dann erstmals als 21-jähriger einen Betrieb für Falkensteiner geführt, und zwar am Katschberg in Österreich.

Wie war das damals als 21-jähriger? Wie war die Lernkurve als Führungskraft? Wurden Sie von den Mitarbeitern als junger Chef akzeptiert? Sind Sie auf Wiederstand gestoßen?

Es war schon eine spezielle Stimmung, da ich noch sehr jung war. Die Mitarbeitermotivation, so wie ich sie jetzt mache, war ein stetiger Lernprozess. Ich war stets ein Teamplayer, und die Kommunikation war für mich immer immens wichtig.

Haben Sie einen speziellen Führungsstil entwickelt?

Ich habe immer versucht, authentisch zu bleiben. Das war für mich immer das Wichtigste. Ich habe Menschen nie nach deren Wissen beurteilt, sondern nach der Menschlichkeit und nach dem Potenzial, das in ihnen schlummert. Und das habe ich damals schon so praktiziert. Ich habe auch stets versucht herauszufinden, was hinter den Menschen steckt, um deren Motivation stärken zu können.

Klingt nach einem modernen Führungsstil. Also weit weg von den alteingesessenen Führungskräften, welche oft versucht haben, mit dem Kopf durch die Wand zu gehen und rabiat aufzutreten. Welcher was der schönste Moment in jungen Jahren als Chef?

Ich habe damals zum Glück schon Anerkennung genossen. Zu der Zeit habe mich vielleicht zu oft schlecht beeinflussen lassen und habe leider nach neun Monaten die Flinte ins Korn geworfen. Ob es ein Fehler war, lasse ich dahin gestellt, aber im Nachhinein habe ich verstanden, was ich falsch gemacht habe. Man lernt aus diesen Situationen und ich bin wieder zurück zur Falkensteiner-Gruppe gegangen. Was ich auch gelernt habe: Man muss ein Unternehmen so führen, als wäre es dein eigenes, weil erst dann läufst du zur Hochform auf. Ich bekam stets ein gutes Feedback von den Gästen, und mein familiärer Führungsstil kam gut an. Aber man ist immer nur so gut wie dein Team. Ohne das Engagement eines guten Teams kannst du keine Bäume ausreißen.

Nach einer gewissen Zeit zog es Sie beruf- lich nach Deutschland. Wie ging es dort weiter?

Ich bin in dieser Zeit der Liebe nachgelaufen. Meine damalige Freundin und ich gingen für ein paar Jahre nach Österreich und Deutschland, wo ich als Abteilungsleiter tätig war. Natürlich war es karrieretechnisch ein Rückschritt, aber ich fühlte mich wieder geerdet und ging dann zurück nach Südtirol. Ich habe für das Fast-Food-Unternehmen „Subito Pizza“ gearbeitet. Ich habe in Latsch und am Kronplatz zwei Fast-Food-Lokale eröffnet. Ich lernte dort, wie man schnell arbeitet und koordiniert. Es war sehr spannend, weil man so das System Gastronomie aus allen Blickwinkeln betrachten konnte. Die Falkensteiner-Gruppe hatte mich daraufhin wieder in die Hotellerie zurückgeholt.

Wie ging es weiter?

Ich ging nach Österreich in ein Hotel am Ossiacher See – dort arbeitete ich wieder als Hotelmanager. Ich war 25 Jahre alt. Nach zwei Jahren ging ich nach Kroatien und arbeitete dort in meiner Funktion weiter. Kroatien war damals kein einfaches Pflaster – aber eine weitere Herausforderung. Daraufhin ging ich für acht Jahre nach Deutschland.

Also für Ihre Verhältnisse eine lange Zeit …

Ja (lacht). Ich hab mich selbständig ge- macht und mich bis 2017 auf die Bera- tungsbranche – vor allem auf die Hotelberatung – konzentriert. Ich bin immer in herausfordernde Strukturen gegangen um einen Umschwung einzuleiten. Das gefällt mir und motiviert mich unheimlich.

Also lieben Sie es als Problemlöser zu fungieren?

Ja, das kann man so sagen. Ein Hotel zu übernehmen und auf Vordermann zu bringen, ist immer eine spannende Aufgabe. Ich liebe Herausforderungen und mag es nicht, mich immer im gleichen Rad zu bewegen. Die richtigen Stellschrauben zu ziehen, war immer schon mein Steckenpferd.

Kommen wir zum Lieblingsthema Wein. Wann ist Ihnen bewusst geworden, welch große Rolle der Wein in der Gastronomie spielt? Und auch in Zukunft wird der Wein eine immer größer werdende Rolle einnehmen. Also: Wann wurde Ihnen bewusst, dass man den Wein immer mehr in die Hotellerie integrieren muss, samt Fachkräfte wie den so wichtigen Sommelier?

Das Thema Wein war immer schon wichtig. Als ich die Hotelfachschule besuchte, sind wir am Abend öfters zusammengeses- sen und haben intern Weinverkostungen gemacht. Natürlich nicht im Heim – das durfte man nämlich nicht (lacht) – sondern in einer Privatwohnung. Jeder hatte eine Flasche Wein mitgebracht und dann haben wir verkostet. Die Unterschiedlichkeit eines Weines, die Lebendigkeit und Vielfältigkeit, das hat uns immer schon fasziniert. Im Hotel war es immer wichtig, dass man zur jeweiligen Atmosphäre den passenden Wein empfiehlt. Man kann beim Wein immer philosophieren und das ist diese Gemütlichkeit, nach der wir uns alle immer wieder sehnen.

Welche Rolle spielt der Sommelier?

Natürlich benötigst du immer einen guten Restaurantleiter, aber das Zünglein an der Waage ist im Endeffekt der Sommelier. Man benötigt immer einen Sommelier, der mit Herz und Seele bei der Sache ist, denn das spüren die Gäste. Es muss immer der richtige Wein empfohlen werden, man muss den Gast überzeugen können, aber immer auf eine nette Art und Weise, nie zuvorkommend oder gar aufdringlich. Wenn sich jemand für die Sommelierausbildung entscheidet, dann sollte er immer mit Pas- sion dabei sein und nicht nur um sein Gehalt aufzubessern oder ein gutes Jobangebot zu bekommen.

Merkt man bei einem Bewerbungsgespräch, ob es ein Sommelier mit Passion ist oder nur zufällig die Sommelierausbildung gemacht hat?

Zu hundert Prozent erkenne ich das. Passion siehst du in den Augen, welche Strahlkraft sie haben, wenn man anfängt über Wein zu sprechen. Jede Ausbildung ist eine Art Investment in die Zukunft und somit in dich selbst. Das kann dir dann sehr stark weiterhelfen. Aber man muss immer bei der Sache sein und nicht nur nebenbei oberflächlich lernen.

Wenn Sie beim Thema Wein Südtirol mit Österreich und Deutschland vergleichen, wo sieht man Unterschiede in der Hotellerie?

Wir in Südtirol sind für die alle top, weil wir eben sehr viele Familienbetriebe mit Herzblut anbieten können. In Deutschland und Österreich gibt es immer weniger Betriebe, die von Familien betrieben werden. In Deutschland ist die Ausbildung nicht schlecht, aber es fehlt meistens die Südtiroler Lockerheit. Wenn sie jetzt auch noch lockerer würden, dann werden sie uns gefährlich. Die Österreicher sind schon sehr viel lockerer. Wir haben die Vielfalt viel besser komprimiert. Südtirol ist für Deutschland und Österreich sehr vorbildlich, weil wir imstande sind, viel zu vereinbaren und flexibel zu agieren.

Thema Personalplanung: Sehr viele Betriebe tun sich schwer, nach Corona passendes Personal zu finden. Spielt das bei Ihnen hier im Sheraton eine Rolle?

Das ist das größte Problem welches wir momentan haben. Sehr viele Arbeitskräfte sind weggefallen, weil sie sich nach den Lockdowns in einer völlig anderen Branche einen Job gesucht haben, und das ist natürlich sehr schade. Auch viele ausländische Mitarbeiter sind weggefallen, weil sie sich mehr Freizeit wünschen. Wir tun uns wirklich schwer Mitarbeiter zu finden.

Wären Sie bereit auch mehr Gehalt zu bezahlen?

Natürlich wäre ich das. Aber das ist nicht immer leicht, man muss die Symbiose zwischen Gehältern und Gewinn des Betriebes perfekt aufeinander abstimmen.

Ist die Politik hier gefordert? Muss sie Programme starten, um die jungen Südtiroler zu erreichen um die Hotellerie/Gastronomie schmackhaft zu machen? Hat hier die Politik Aufholbedarf?

Ja, auch die Art der Kommunikation muss sich verändern. Wenn man Sätze wie „die Gastronomie tut sich schwer“ hört, dann ist das alles andere als eine Werbung für jungen Menschen, weil sie denken, dort tut man sich ja „schwer“ – also ist das nichts für mich. Mehr Positivität wäre wünschenswert.

Welche Lösungsansätze gibt es bei Ihnen?

Wir müssen extern Mitarbeiter suchen, sie herholen und sie bei uns ausbilden, wir müssen ihnen eine Basis anbieten. Auch das Migrantenthema sollte uns mehr beschäftigen. Hier schlummert viel Potenzial für zukünftige gute Mitarbeiter. Es gibt auch tolle Beispiele. Ein Migrant hat hier bei uns Serviceschule gemacht, und er war sehr gut darin, er hatte Lust und Kenntnisse. Man muss sie nur heranführen und Ihnen ein Angebot machen.

Sollte man nicht auch in puncto Arbeitszeiten Anreize schaffen? Viele junge Leute möchten auch mal ein Wochenende frei haben oder nicht immer sechs Tage in der Woche arbeiten, sondern auch mal fünf …

Natürlich muss ich junge Menschen be- geistern können und Anreize schaffen. Wir im Sheraton wollen uns in Zukunft viel stärker auf den sozialen Plattformen präsentieren – vor allem mittels Videos. Wir wollen unsere Mitarbeiter herzeigen und sie so präsentieren, damit auch sie sich noch mehr gewertschätzt fühlen und sich dadurch noch mehr motivieren können. Wir müssen viel mehr Begeisterung auslö- sen und Feuer entfachen.

Zurück zur Fünf-Tage-Woche …

Die Fünf-Tage-Woche ist ein sehr wichtiges Thema. Man muss es aber strukturiert angehen, man kann nicht sagen, dass ich jetzt für vier Tage gleich viel Gehalt bekommen möchte wie für sieben Tage. Das funktioniert so nicht. Wir können das nur gemein- sam schaffen, und wir müssen verhindern, dass wir uns in der Hotellerie-Branche das Personal gegenseitig abwerben – das darf auf keinen Fall passieren.

„Ich habe immer versucht, authentisch zu bleiben. Das war für mich immer das Wichtigste. Ich habe Menschen nie nach deren Wissen beurteilt, sondern nach der Menschlichkeit und nach dem Potenzial, das in ihnen schlummert.“

Haben Sie Angst, dass dann das Berufsbild komplett zerstört wird?

Ja genau. Einige Mitarbeiter in Führungspositionen hier im Sheraton arbeiten auf Provisionsbasis, das heißt, sie bekommen ein Grundgehalt, was in Ordnung ist, und zusätzlich prozentuell auf den Gewinn eine Summe ausbezahlt. So hat jeder Mitarbeiter die Chance mit mehr Engagement mehr zu verdienen …

Funktioniert das gut?

Ja es funktioniert – man muss mit den Mitarbeitern reden und alles genau erklären. Wenn sie den Umsatz steigern, steigern sie auch ihren eigenen Profit – somit wurde ein Anreiz geschaffen. Der nächste Schritt wäre, wenn man die Zufriedenheit der Gäste miteinbaut – je zufriedener ein Gast mit einem Mitarbeiter ist, desto mehr verdient er. Ich werde ja auch von meinen Chefs bewertet, und ich muss auch abliefern, da ich ja die komplette Verantwortung trage.

Findet in der gehobenen Hotellerie eine schleichende Preissteigerung statt?

Wir müssen da immer im Verhältnis zur Nachfrage agieren. Wenn die Nachfrage enorm ist, dann können wir auch mit dem Preis spielen. Das ist ein natürlicher Prozess. Wir müssen hier flexibler und schneller werden. Es muss hier auch viel Sensibilisierung und Aufklärung stattfinden. Wir im Sheraton haben 190 Zimmer, die wir füllen müssen. Wir sind in der Industriezone und haben unsere Fans, wel- che andere Anforderungen haben als Gäste die lieber ins Zentrum gehen. Das bestimmt natürlich auch immer den Preis, aber viele sind bereit für uns mehr auszugeben als für ein Hotel im Zentrum, da es Ihnen das Wert ist. Die Nachfrage bestimmt den Preis. Wie es dann dazu kommt, muss jeder mit seiner Philoso- phie entscheiden.

Fordern Sie mehr Zusammenarbeit und einen Erfahrungsaustausch zwischen den Hotels hier in Südtirol bzw. Bozen?

In München haben sich die großen Hotels Bayerischer Hof, Mandarin, Kempinski (Vier Jahreszeiten), Königshof, Rocco Forte (wo ich damals war) monatlich getroffen und diskutiert – es fand ein Austausch statt, welcher auch hier in Südtirol oder Bozen wünschenswert wäre. Wir müssen uns gegenseitig unterstützen und Ideen austauschen. Bozen sollte noch viel lebhafter gemacht werden – denn somit würde jedes Hotel oder Restaurant profitieren. Gemeinsam und nicht Gegeneinander lautet dabei meine Devise.

„Die Fünf-Tage-Woche ist ein sehr wichtiges Thema. Und wir müssen verhindern, dass wir uns in der Hotellerie-Branche das Personal gegenseitig abwerben – das darf auf keinen Fall passieren.“

Wo sehen Sie Südtirol in der Hotellerie/ Gastronomie im Jahr 2040?

Ich hoffe, dass Südtirol dann noch mehr an Qualität dazugewonnen hat. Das wir noch mehr Professionalität hinbekommen. Südtirol wird immer ein „Place-to-be“ sein, wo jeder mal hin muss. Das, was wir hier ha- ben – die Qualität und die Menschen die dahinter stecken –, ist doch großartig. Ich hoffe natürlich, dass das Thema Nachhaltigkeit auch von der Politik vorgelebt wird und dass wir behutsamer mit den Ressourcen umgehen, das heißt: weniger Masse, aber dafür mehr Qualität. Und es muss die Familiärität erhalten bleiben, Hotels dür- fen nicht an Firmen übergehen, sondern müssen in der Familie bleiben. Ich bin aber mehr als überzeugt, dass wir das alles schaffen werden. Ich bin Optimist.

Eine letzte Frage: Wo sehen Sie sich selbst 2040?

Ich lebe schon wie ein Hotelbesitzer, aber ich sehe mich dann vielleicht als vollständigen Hotelbesitzer. Mein Ziel ist es, ein kleines Hotel zu besitzen, wo ich selbst im Dachgeschoss wohne und unter mir der Hotelbetrieb läuft. Weil dann muss ich nicht ins Altenheim (lacht).

NEWSLETTER: Bleiben Sie auf dem Laufenden!

    Mit Nutzung unserer Dienste bzw. Anmeldung stimmen Sie den Bestimmungen der Datenschutzerklärung zu.