Die Grande Dame des Weines

Unter Christine Mayr ist die Sommeliervereinigung Südtirol zu einer unverzichtbare Institution in der Südtiroler Weinwelt und darüber hinaus geworden. Im großen Abschiedsinterview spricht sie über ihre Liebe zum Wein – und analysiert, wie sich die gesellschaftliche Akzeptanz der Sommeliers verändert hat.

Foto: ©Patrick Thaler

von Roman Gasser

Jeder, der in Südtirol mit Wein zu tun hat, kennt sie. Denn sie ist in erster Linie ein wandelndes Wein-Lexikon, eine Verkostungs-Koryphäe, Champagne-Botschafterin, Weinakademikerin – und natürlich Präsidentin der Sommeliervereinigung Südtirol.
Die Rede ist von Christine Mayr, dem Aushängeschild der Vereinigung.
Nun tritt die Grande Dame der Weinwelt nach knapp 20 Jahren an der Spitze der Vereinigung ab. Sie wird bei den Neuwahlen Ende Juni nicht mehr antreten und das Feld anderen überlassen. Was bleibt, ist eine Erfolgsgeschichte sondergleichen.
Als Christine Mayr und ihr Team den Verein übernahmen, war er wahrscheinlich nicht so bekannt wie er heute ist. Die Zeiten haben sich jedoch sehr stark geändert. Heute ist es cool, über Wein bescheid zu wissen.
Die Sommeliervereinigung Südtirol ist in der Südtiroler Weinbranche inzwischen eine wichtige Institution.
Christine Mayr und ihr Vorstand formten den Verein Schritt für Schritt und Jahr für Jahr zu einem professionellen Verein, die in der gesamten Südtiroler Weinbranche ernstgenommen wird und jährlich hunderte hervorragende Jungsommeliers ausbildet, die Karriere in der hiesigen Gastronomie oder Weinbranche machen. Dazu kommen noch die Privatpersonen, die Wein lieben und die dank der Sommeliervereinigung ihr Weinwissen erweitern können.
Die Sommeliervereinigung ist nicht mehr wegzudenken, wenn es um die Ausbildung in der Wein- und Gastrobranche geht. Alle Kellereien, ob privat oder als Institution, schätzen die Expertise von den über tausend Südtiroler Sommeliers. Ein großer Teil dieses Erfolges ist der Hingabe von Christine Mayr geschuldet. Sie war mehr als nur die gute Seele des Vereins, sie war Pionierin, Visionärin, Netzwerkerin und Macherin.
Daher verdient sich Christine Mayr einen Abgang mit einem großen Knall, einen Abgang mit viel Schaumwein, den sie so sehr liebt. DIONYSOS traf Christine Mayr zum großen Abschiedsinterview im schönen Garten im Hotel Mondschein in Bozen.

DIONYSOS: Christine, wann hast du die Liebe zum Wein entdeckt? Wie ist diese leidenschaftliche Liebschaft entstanden und übergegangen in eine dauerhafte Beziehung?
Christine Mayr: Die Liebe zum Wein war eigentlich schon in meiner Familie präsent. Mein Opa war Franzose und hat zu Weihnachten immer ganz tolle Burgunderweine mitgebracht, und auch mein Vater hat gerne ein gutes Glas Wein getrunken. So hatte ich schon immer einen starken Bezug zum Wein. Der Knopf ist dann aufgegangen, als ich mit meiner Mutter in Frankreich war. Dort in einem schönen Restaurant hat mich die Weinkarte fasziniert, sie war endlos lang, und ich dachte mir, es wäre doch schön, wenn ich mehr über Wein wissen würde. Als ich wieder in Südtirol war, habe ich zufällig eine Annonce in der Zeitung gesehen, über die ein Sommelierkurs angeboten wurde. Den habe ich mit meiner Tante besucht.

Es gab zwar eine Sommeliervereinigung damals, aber die war, salopp gesagt, ein Hobbyverein mit einigen wenigen Mitgliedern.
Es war ein Verein mit vielen Weinliebhabern und aber auch Gastronomen. Es war insgesamt eine schöne Zeit, wir haben nicht nur gelernt, sondern auch ziemlich geblödelt, weil die Anforderungen der Zeit damals wahrscheinlich nicht so groß waren. Es war insgesamt alles lockerer, legerer und familiärer. Man kann das nicht vergleichen mit heute. In den letzten Jahren haben sich die Rahmenbedingungen stark geändert.

Hast du damals mit dem Gedanken gespielt, eine größere Rolle im Verein zu übernehmen?
Nein, ich habe die Kurse 1996/1997 besucht und mein Diplom gemacht. Dann bin ich vom damaligen Präsidenten Sigi Dissertori, dem Kursdirektor Erwin Blaas und der Sekretärin Martina Lechner gefragt worden ob ich unterrichten möchte. Ich kann mich noch gut an meine erste Lektion erinnern, das war im Pfarrheim in Bozen – es ging über Ligurien und Toskana. Ich hatte alles auswendig gelernt, weil ich furchtbar unsicher war. Es hat aber großen Spaß gemacht. Ich durfte dann peu à peu einzelne Aufgaben übernehmen. 2001 wurde ich dann gefragt, ob ich nicht als Präsidentin zur Verfügung stünde, weil Sigi (Anm. d. Red.: Dissertori) nicht mehr als Präsident kandidieren wollte. Ich habe kurz überlegt und mir gedacht: Eigentlich würde mir schon viel Freude bereiten, und es wäre eine große Herausforderung. 2002 bin ich dann zur Präsidentin gewählt worden.

Frauen an der Spitze waren damals noch eher ungewöhnlich. Hast du dich auch als Frauenvertreterin verstanden?
Ich war vor der Präsidentschaft bereits HGV-Ortsobfrau in Brixen und Vizepräsidentin des Tourismusvereins in Brixen, insofern hatte ich schon Erfahrungen in Vereinen gesammelt. Und ich hatte nie ein Berührungsproblem zwischen Frauen und Männern festgestellt. Schwierigkeiten gab es wenn überhaupt nur ein wenig in der DOC-Verkostungskommission der Handelskammer. In dieser waren noch ältere Kapazunder am Werk, die keine Freude damit hatten, als plötzlich eine Frau mit ihnen verkostete. Und auch Sommeliers waren ihnen suspekt. Ernstgenommen wurde ich erst, als als ich 2002 das Studium in Rust zur Weinakademikerin erfolgreich abgeschlossen hatte.

Der Titel als Weg zur Anerkennung.
Ja, absolut. Wenn ich in der DOC-Verkostungskommission mit einem Wein nicht einverstanden war, haben die anderen gesehen, dass da jemand war, der eine andere Meinung hatte. Von da an wurde ich als Person respektiert, meine Expertise wurde respektiert.

Den Respekt musstest du dir erkämpfen.
Respekt muss man sich – unabhängig davon, ob man ein Mann oder eine Frau ist – durch Wissen und Einsatz erarbeiten. Es haben sich auch die Zeiten geändert, die jungen Kellermeister haben keine Berührungsängste mehr, man redet auf Augenhöhe – die Weinbranche sucht nach Meinungen und ist offen für Kritik. Wenn man heute über Wein redet, dann wird man als gleichberechtigte Partner behandelt. Früher hieß es: Ja, was will die denn, die ist ja nur eine Frau und Sommelière … die hat ja eh keine Ahnung! Das hat sich in den letzten 20 Jahren sehr stark verändert. Zum Glück!

Welche waren die wichtigen Ereignisse und/oder Entscheidungen, die du eingeleitet hast und die in der Sommeliervereinigung heute noch spürbar sind?
Meine wichtigste Entscheidung war, dass ich immer Partner gesucht habe. Als ich den Verein übernahm, hatten wir nur wenige Kurse mit relativ wenigen Teilnehmern pro Jahr. Das war viel zu wenig, weil wir damit keine Projekte finanzieren konnten. Also suchte ich nach strategischen Partnern. Die wichtigsten Partner von Anfang an bis heute sind der HGV und das Bildungshaus Kloster Neustift. Danach kam eine weitere wichtige Kooperation mit der Weinakademie Rust zustande. Diese Partnerschaft wurde in Bozen besiegelt, wo letztendlich auch unsere „Tochter“ die Weinakademie Südtirol zusammen mit wein.kaltern und anderen Partnern ins Leben gerufen wurden. Ich glaube, das waren strategische Schachzüge, von denen der Verein noch immer profitiert.

Durch den HGV sah die Gastronomie eine potente Weiterbildungsmöglichkeit durch die Sommeliervereinigung?
Ja. Letztendlich haben wir und der HGV die identische Zielgruppe. Nachdem auch mein Vater lange Vizepräsident des HGV war und ich ja auch im HGV aktiv war, haben wir immer eine starke Verbindung gehabt.

Würdest du sagen, dass man als Präsidentin seine eigenen Bedürfnisse zurückstecken und sich darauf fokussieren sollte, Projekte voranzutreiben?
Ja, natürlich. Aber jeder Mensch ist frei und hat seine eigene Art Vereinspolitik zu machen. Es ist immer schwierig, denn in jedem Verein gibt es unterschiedliche Charakterköpfe, die manchmal aufeinanderprallen. Das ist ganz normal, es passiert auch in Familien, dass es hin und wieder mal kracht. Wo gearbeitet und gehobelt wird, fallen auch Späne. Wenn man nichts tut, dann passiert auch nichts, dadurch ist man dem Vorwurf ausgesetzt, dass eben nichts weitergeht, insofern ist es so, dass man nicht immer für alle alles richtig macht, und umgekehrt ist es auch so, dass man von anderen die Meinung hat, dass nicht alles richtig läuft. Das liegt in der Natur der Dinge. Es ist einerseits wichtig, dass es im Verein Kontinuität gibt, andererseits ist es sicherlich wichtig, dass neue Akzente gesetzt werden. Die Zeit bleibt nicht stehen, die Bedürfnisse sind anders, das Publikum wird immer jünger – wenn man sich die aktuellen Kurse ansieht, dann könnte ich bei vielen Kursteilnehmern die Großmutter sein – und da muss natürlich der neue Sommeliers-Vorstand darauf achten, dass dem Rechnung getragen wird, weil das Publikum immer jünger und auch weiblicher wird. Es ist dies ein Trend, welchen ich in den letzten Jahren gesehen habe. Wir müssen achtgeben, dass wir die Zukunft nicht verschlafen.

„Mein Wunsch wäre, dass man in Südtirol den eingeschlagenen Weg der Qualitätssuche weitergeht. Und dass man vielleicht auch die ,Schneid‘ hat, das Angebot von gefühlten 100 Rebsorten ein wenig zu reduzieren.“

Wenn man sich die Statistik ansieht und die Corona-Zeit mal ausblendet, fällt auf, wie die Kursteilnehmerzahl in den letzten Jahren nach oben ging …
Stimmt. Die Kursteilnehmerzahl ist jährlich gestiegen, auch die Anzahl der Kurse. Vor 20 Jahren hatten wir nur einige wenige Kurse im Jahr. Aktuell organisieren wir 12 bis 13 Kurse jedes Jahr, das ist schon beeindruckend. Wir haben uns auch in der Corona-Zeit schnell angepasst. Ich war zufällig in einer Sitzung mit AIS Mailand, unser Mutterhaus sozusagen … und da habe ich erstmals das Tool Zoom (Anm. d. Red.: Software für Videokonferenzen) wahrgenommen, welches mir bis dato völlig unbekannt war. Ich habe mir gedacht: Eigentlich könnten wir dieses Programm für unsere Kurse verwenden, um die damaligen Corona-Maßnahmen einzuhalten.

Wie hast du als Präsidentin einer Vereinigung, die sehr viel mit Menschennähe zu tun hat, die Corona-Zeit erlebt?
Ich war anfangs schon etwas deprimiert. Abgesehen von den menschlichen Einschränkungen, die wir alle erfahren haben, fürchtete ich, dass die Kurse einbrechen würden. Wir hatten ein paar Schulden aufgehäuft wegen dem AIS-Kongress in Meran, den wir 2018 erstmals in Südtirol austragen durften. Die Arbeit in einem Verein bedeutet ja auch eine finanzielle Belastung, insbesondere als Präsidentin, weil man für die Schulden bürgt. Und da habe ich mir gedacht: Teufel, das wird jetzt eng. Wenn man ein Büro finanzieren muss und Projekte weitertragen will, dann muss das auch finanziell tragbar sein. Niemand wusste, wie lange die Pandemie andauern würde … da war ich schon sehr beunruhigt. Als ich dem Vorstand mitteilte, dass wir uns überlegen sollten die Kurse über Zoom abzuhalten, waren nicht alle begeistert. Wir haben es trotzdem versucht. Die vielen Teilnehmer haben sich bei den Video-Konferenzen amüsiert, es war eine Abwechslung zur langweiligen Lockdown-Zeit, bei der vielen die Decke auf den Kopf gefallen ist.

Ist das Interesse an den Kursen wegen Corona zurückgegangen? Oder freuen sich die Menschen, wieder die Kurse besuchen zu können?
Die Leute sind noch etwas zögerlich und abwartend, weil die Gastronomie Mitarbeiterprobleme hatte und hat. Es ist immer noch eine Zeit der Unsicherheit, nicht mehr so dramatisch, aber immer noch präsent. Es gibt bei uns Kurse, die ausgebucht sind, aber auch Kurse, die sehr zögerlich gebucht werden.

Wie wichtig ist die Rolle des Sommeliers im Betrieb und wie wichtig die Rolle im Privatleben? Wo siehst du die größten Veränderungen? Wo werden beim Weingenuss Fehler gemacht? Was denkst du dir, wenn jemand zum Beispiel ein Schaumweinglas schwenkt – ist das eine Todsünde?
Bei einer Privatperson würde es mich nicht stören, wenn er ein Glas Schaumwein schwenkt, auch hängt es von der Art des Glases ab, ob man ein Glas schenken kann oder nicht. Es ist also situationsabhängig, ob man etwas als Fehler betrachten kann oder nicht. Insgesamt sind die Anforderungen strenger geworden, weil die Weinwelt professioneller geworden ist und sich unwahrscheinlich schnell verändert hat. Als Sommelier musst du dich dauernd fortbilden und up-to-date sein, damit du überhaupt mitkommst. Es gibt nichts Schlimmeres, als einen Sommelier, der die Trends verschläft. Ich persönlich finde, dass eine Weinausbildung nicht nur für die professionelle Arbeit wichtig ist, sondern auch als Privatperson. Wie man früher über das Wetter geredet hat, ist es heute „in“ oder cool, ein wenig Ahnung vom Wein zu haben. Wein gehört einfach zur Allgemeinausbildung. Genauso wie man wissen sollte, wo Timbuktu oder Wladiwostok liegen, sollte man auch wissen, was ein Weißwein und was ein Rotwein ist.

Was war für dich eine Anstrengung im Leben, die andere Menschen nie gesehen haben?
Die meisten Menschen haben vielleicht nie gesehen, wie viel Arbeit ein Verein mit sich bringt. Es wird alles als selbstverständlich angesehen. Es ist heute in Südtirol selbstverständlich, dass Sommeliers da sind, aber dass man 20 Jahre lang gestrampelt hat – oft Tag und Nacht –, das haben viele Menschen nicht gesehen. Diese Selbstverständlichkeit ist leider ein Zeichen unserer Zeit. Harte Arbeit und Ängste sind eng miteinander verbunden, weil man vielleicht nicht weiß, wie es finanziell weitergeht. Oder wie man gewisse Dinge in einen sicheren Hafen bringt, das unterschätzen viele Menschen.

Gab es in der Aufbauphase Momente, wo du ans Aufgeben dachtest?
Ich habe mit dem Verein zwei Krisenphasen hinter mir. Die erste Krise schlich sich bei der Übernahme ein. Mit der damaligen Mitarbeiterin mussten wir viele Dokumente sichten und uns langsam einarbeiten. Das war anfänglich schon mühsam, auch weil ich noch an der Weinakademie studierte. Und der zweite Moment der Ohnmacht war die Organisation des Kongresses in Meran. Damals gab es auch Änderungen im Büro. Ich habe zeitgleich die Büroarbeit übernehmen müssen. Es war eine sehr anstrengende Doppelbelastung. Im Nachhinein muss ich sagen, dass auch anstrengende Erfahrungen lehrhaft sein können. Man lernt auch, wenn es einmal nicht so läuft, wie man es sich wünscht.

Der AIS-Kongress 2018 in Meran, der erstmals in der italienischen Geschichte in Südtirol ausgetragen wurde, war sehr erfolgreich, auch in der öffentlichen Wahrnehmung. Man hatte eine hohe mediale Präsenz, die Vertreter und Delegierten aller Regionen Italiens waren anwesend und begeistert. Man hatte viele schöne Abende, auch das schöne Kurhaus in Meran war der perfekte Austragungsort. Der Bekanntheitsgrad des Sommelierberufes ist in Südtirol dadurch weiter gestiegen …
Ich sehe den Kongress als einen Meilenstein für die Südtiroler Sommeliers. Weil wir unser Land und vor allem unsere Weine den Weinprofis aus ganz Italien präsentieren durften. Sommelier sein heißt ja auch, immer Kontakte zu knüpfen. Als damals all die Sommeliers aus ganz Italien im Kursaal waren und unser Präsident Antonello Maietta den Kongress eröffnete, war das für mich ein Gänsehaut-Moment. Und auch eine Befriedigung und Bestätigung. Man hat gesehen, wie weit wir mit der Sommeliervereinigung gekommen sind. Wir alle, der gesamte Vorstand, alle Mitglieder und Mitarbeiter der Sommeliervereinigung, haben vor Ort einen tollen Job gemacht.

Was denken andere Menschen häufig über dich, was gar nicht wahr ist?
(lacht) Ich weiß nicht, was andere Menschen über mich denken. Früher habe ich mir öfter Gedanken gemacht, was man über mich denkt. Ich hatte öfters den Eindruck, dass viele Leute meinen, ich wäre stolz, aber eigentlich war ich unsicher und auch schüchtern … Heute ist es mir eigentlich Wurst was man von mir denkt. Es ist mir bewusst, dass ich manchmal polarisiere, aber ich trage mein Herz auf der Zunge und bin deshalb oft sehr spontan, vielleicht zu spontan.

Christine May schüchtern – das kann man sich kaum vorstellen.
Ich habe durch meinen beruflichen Werdegang an Selbstsicherheit gewonnen. Ich bin eigentlich als Mensch eher verschlossen und öffne mich nicht so leicht für andere. Ich habe gelernt, auf Menschen zuzugehen und mit den meisten Leuten zu reden. Es gibt aber manchmal Situationen, wo es nicht gelingt. Beim Reden braucht es die gleiche Wellenlänge zwischen Sender und Empfänger.

Also hat dir der Verein auch etwas zurückgegeben?
Der Verein hat mir sehr viel gegeben. Genugtuung und schöne Momente.

Was macht für dich einen guten Wein aus?
Das ist eine schwierige Frage. Ich glaube es hängt sehr stark von der Gelegenheit ab. An manchen Tagen genieße ich vor allem Schaumwein, ich bin ja ein bekennender Schaumwein-Fan, Schaumweine könnte ich eigentlich Tag und Nacht genießen. Beim Schaumwein fasziniert mich immer wieder die frische Eleganz und das animierend-prickelnde. Und den Trinkfluss, den man dabei hat. Ansonsten hängt es sehr stark von den Gelegenheiten ab. Es gibt eigentlich nicht den „einen“ Wein. Die Weinwelt ist so breit aufgestellt und faszinierend. Ich suche mir immer das heraus, auf was ich gerade Lust habe.

Wenn wir die Sommeliers mal außen vor lassen. Der Südtiroler tut sich immer schwer, im Ausland gute Weine zu finden. Was würdest du empfehlen?
Das kann man nicht, weil jeder Mensch seinen eigenen Geschmack hat. Sehr oft wird Wein zum Essen getrunken. Es hängt also sehr stark davon ab, was man isst. Ich kann nur den Tipp geben, neugierig zu sein und zu bleiben, viele verschiedene Weine zu verkosten, um herauszufinden, was einem schmeckt. Es hängt dann auch davon ab, wie viel man ausgeben will. Manche Leute sagen, ich möchte 20 bis maximal 30 Euro ausgeben, manche sind bereit, viel mehr auszugeben. Das kann man nicht verallgemeinern. Es gibt viele Faktoren, welche die Weinauswahl beeinflussen. Da tue auch ich mir schwer, eine Empfehlung abzugeben.

Was macht der Sommelier?
Wir in der Sommeliervereinigung geben nicht Empfehlungen ab und sagen nicht, was gut und schlecht ist. Bei uns lernt man, seinen eigenen Geschmack einzuschätzen, man lernt, wie man einen Wein bewertet und was generell wichtig ist. Man lernt, wie all die Faktoren und Einflüsse sich auf den Wein auswirken. Und vor allem welcher Wein zu welcher Speise passt. Ich kann nur den Tipp geben, zu verkosten und verkosten – bis man seinen eigenen Weingeschmack gefunden hat.

Nehmen wir an, du kommst auf eine einsame Insel und du darfst drei Weine mitnehmen, einen Schaumwein, einen Weißwein und einen Rotwein: Welche Weine nimmst du mit?
Ich nehme einen Südtiroler Sekt, am besten einen Pas Dosè oder Extra-Brut, dann würde ich eine schöne reifere Weißwein-cuvée aus Terlan mitnehmen, und einen fruchtigen Blauburgunder aus Südtirol …

Viele Südtiroler und Fans von dir möchten natürlich wissen was du machst, wenn du nicht mehr Sommelierpräsidentin bist – eine klassische Pension wird es bei dir vermutlich nicht geben …
Ich gehe in die sogenannte Unruhepension. Ich habe schon gewisse Vorstellungen, aber noch nichts Konkretes. Auf alle Fälle werde ich viel reisen, natürlich Weinreisen. Ich werde mich mehr dem Golfspiel widmen. Ich bin der Meinung, man sollte alle 20 Jahre etwas Neues machen. Ich habe vor 20 Jahren mit dem Wein begonnen, ich werde wahrscheinlich dem Wein erhalten bleiben, aber in einer anderen Funktion.  Und ich werde mehr Zeit haben für die Menschen, die ich mag.

Also meilenweit entfernt von einer klassischen Pension …
Dazu bin ich viel zu aktiv. Ich bin der Meinung, man sollte alle 20 Jahre etwas Neues machen. Ich habe vor 20 Jahren mit dem Wein begonnen, ich werde wahrscheinlich dem Wein erhalten bleiben, aber in einer anderen Funktion.

Was viele Leute nicht wissen, du bist ein großer Schottland-Fan …
Ja, ich bin ein riesengroßer Schottland-Fan und ein großer Whisky-Fan.

Wirst du der Sommeliervereinigung weiterhin mit Rat und Tat zur Seite stehen?
Es gibt nichts Schlimmeres, als einen alten Präsidenten, der sich überall einmischt.

Also machst du einen „Merkel“-Abgang?
Jein, wenn meine Unterstützung gewünscht und gebraucht wird, dann stehe ich natürlich zur Verfügung. Aber ich dränge mich ganz bestimmt nicht auf.

Warst du eigentlich die erste Präsidentin aller Regionen-Vertreter Italiens?
Als ich vor 20 Jahren angefangen habe, waren wir nur drei Frauen an der Spitze, eine Präsidentin aus Trient, Sardinien und eben ich in Südtirol.

Welchen letzten Tipp würdest du als Noch-Präsidentin der Sommeliervereinigung den Südtiroler Weinmachern mit auf den Weg geben?
Ich bin nicht befugt und berechtigt irgendjemanden Tipps zu geben. Mein Wunsch wäre, dass man den eingeschlagenen Weg der Qualitätssuche in Südtirol weitergeht. Und dass man vielleicht auch die „Schneid“ hat, das Angebot von den gefühlten 100 Rebsorten ein wenig zu reduzieren.

Danke dir für das tolle Gespräch. Ich wünsche dir im Namen der DIONYSOS-Redaktion alles Gute für die Zukunft und eine spannende Zeit mit vielen neuen Projekten.

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