ANALYSE

Sind „gekorkte“ Weine vermeidbar?

Naturkorken frei von nachweisbarem TCA-Verunreinigung mittels des Gaschromatographen?

von Jochen Erler*

Meine Fragen sind: was ist der Ursprung von TCA, wie ist es möglich die Häufigkeit der Korkfehler, also der Korkschmecker, zu verringern, und vor allem, wie werden TCA-freie Korken hergestellt. Bis vor wenigen Jahren hatte man erlebt, dass bis zu  8 – 10% Prozent der Weine eine TCA-Verunreinigung hatten. Doch in den letzten Jahren war dieser Prozentsatz auf 1 bis 2 Prozent gesunken. Und vor kurzem gab die weltweit in der Herstellung von Weinkorken führende Amorim kund, dass nunmehr Korke hergestellt werden, für die garantiert wird, dass sie TCA- geruchs- und geschmacksfrei seien. Portugal hat den höchsten Bestand an Korkeichen und die Corticeira Amorim ist weltweit der größte Hersteller von Korkprodukten. Das Hauptwerk  Amorim liegt im Norden Portugals, wo Portugals Weinexport mit Portwein und anderen Weinen aus der Douro Region begonnen hat.

Bei der Herstellung üblicher Flaschenkorken beeindrucken nicht nur die vielen Arbeitsgänge in der Herstellung und die Qualitätskontrolle der Korken, sondern auch die intensive Nutzung menschlicher Arbeitskraft. Die Produktion von Korken für Schaumweine erfordert einen zusätzlichen Arbeitsgang: die Kontrolle eines jeden einzelnen Korks mittels Laserstrahlen gegen eventuelle Undichte. Mir wurden zwei der neuesten Produkte gezeigt und erklärt. Zunächst der „helix“ Kork, ein aus gepresster Korkmasse geformter Schraubkork, der eine ähnliche Funktion hat wie ein Schraubverschluss. Mit seinem pilzförmigen Profil sieht  er einem Sektkorken ähnlich. Doch dem Korkstiel ist ein Gewinde eingefräst, das in ein im Flaschenhals befindliches Gewinde aus Plastik eingeschraubt wird. Die zweite Innovation ist der NDtech Kork, der eine Nicht-Wahr- nehmbarkeit von TCA garantiert. TCA befindet sich in der Rinde der Korkeiche in unterschiedlicher Dichte und an verschieden Stellen des Stammes und der Äste.

Es wird vermutet, dass es sich bei TCA um ein natürliches Produkt handelt, und dass deren Bildung  bereits am Baum stattfinden oder auch auf anderen  Wegen und nicht nur vom Kork selber transportiert werden kann. TCA, mit der chemischen Formel 2,4,6-Trichloranisol ist ein Phenolderivat und damit das Stoffwechselprodukt einer Gruppe von Schimmelpilzen, die sich von Chlorverbindungen ernähren. Die Schimmelpilze gehören zur normalen Flora der Korkeichenwälder. Bisher haben die Forscher kein Mittel gefunden, um TCA völlig aus dem Kork zu entfernen. Doch in den letzten Jahren haben alle Korkproduzenten es geschafft, dem Kork das unerwünschte TCA weitgehend zu entziehen, sodass heute nur noch 1 bis 2 % der Weine eine TCA Verunreinigung aufweisen. Allerdings muss notiert werden, dass in raren Fällen TCA auch durch andere Umstände oder auf verschiedene  Ursachen zurückgehen kann und nicht nur mittels des Korken in den Wein gelangt, z.B. infolge Holzimprägnierungsmittel in den Dachbalken eines Weinkellers, oder durch entsprechende Verunreinigungen beim Spediteur, beim Weinhändler und nicht zuletzt im Keller des Weintrinkers selber.

Um jegliche Qualitätsminderung eines Weines durch Kork zu verhindern, hat Amorim über die letzten zehn Jahre mehrere Millionen Euro für die Entwicklung eines Roboters investiert, der eine Verunreinigung von nur 0,5 nanogramm/lt per Kork zulässt. Da TCA erst ab 2,5 nanogramm/lt durch Geruch und Geschmack, also durch unsere Nase (und den Gaumen) wahrnehmbar ist, und der Roboter alle Korken mit über 0,5 nanogramm/lt als fehlerhaft aussortiert, kann Amorim für den neuen NDtech Kork die Nicht-Wahrnehmbarkeit von TCA garantieren. Die Hochschule Geisenheim University hat inzwischen die Leistungs fähigkeit von NDtech betätigt, die das Risiko des Korkgeschmacks erfolgreich eliminiert.

Derzeit sind bereits  60 Roboter in der Corticeira AMORIN  installiert, diese arbeiten 24 Stunden sieben Tage die Woche. Der neue NDtech Kork hat einen Aufpreis von 0,12 cent. Nicht nur wir von Berufs wegen Verkoster hoffen, dass in Zukunft keine Premiumweine mehr als „gekorkt“, also wegen eines muffigen und bittergalligen Korktones ungeniessbar, abgelehnt werden müssen.

*Weinjournalist

Zum Autor:

Nach den Berufs-Jahren als Akademiker, vertiefte Jochen Erler sein Interesse am Wein und begann 1990 im sogenannten Ruhestand eine neue Laufbahn als freier Weinjournalist. Jochen Erler verkostet seit  nunmehr 25 Jahre Weine.  Zunächst in London und später auch als Auslandskorrepondent für Weinbau berichtete er auch über die Bozner und Meraner Weinmessen. Seit 4 Jahren lebt er in Innsbruck, was ihm eine aktive Teilnahme am Südtiroler Weinleben ermöglicht.

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