BESUCH

Der lebendige Weinberg

Auf dem Schwarzhof in Sankt Justina betreibt die Familie Loacker seit
 40 Jahren biologisch-dynamischen Weinbau – im Einklang mit der Natur. Eine Spurensuche nach dem Loacker-Erfolgsgeheimnissen.

von Maria Kampp

Der Blick geht weit über Bozen, schweift über Zypressen und Weinberge bis zum Rosengarten hinüber. Das Ambiente im Skyline Pavillon des Weinguts Loacker in Sankt Justina sucht seinesgleichen, schwebt man doch im wahrsten Sinne des Wortes über allem!
Hier auf dem Schwarzhof betreibt die Familie Loacker biologisch-dynamischen Weinbau, und das genau seit vierzig Jahren. Loacker Wine Estates stehen für Weingenuss aus Südtirol und der Toskana und begeistern Weinkenner von nah und fern. Das Stammweingut befindet sich hier am Schwarzhof, wo uns Rainer und Hayo, Vater und Sohn Loacker, zur Weinbergführung und Verkostung empfingen.

Im Jahr 1334 erstmals urkundlich erwähnt, war das historische Anwesen bereits im Mittelalter bekannt für die hervorragende Qualität seiner Weinberge.

Im Jahr 1979 beginnt die Familie Loacker hier ihre ganz eigene Weingeschichte. Gründer Rainer Loacker beschritt damals aus gesundheitlichen Gründen eine radikale Wende in seinem Leben, hin zum Wein, hin zur Natur.

Die Biodynamie, unterstützt von der Homöopathie, stand von Beginn an im Zentrum. Heute überlässt Rainer Loacker die Führung der drei Weingüter den Söhnen und pflegt einen Weingarten in der Steiermark.

Die in Südtirol bewirtschaftete Gesamtfläche beträgt rund sieben Hektar, denn später kamen die Weinberge der Güter Kohlerhof und Kalter Keller hinzu. Jahr 1996 erwarb die Familie die Tenuta Corte Pavone in Montalcino, 1999 die Tenuta Valdifalco in der Maremma. Das Ergebnis der Loacker’schen Umtriebigkeit, gepaart mit Herzblut, Hartnäckigkeit und Idealismus? Mehr als dreißig Etiketten.

„Wir waren Querdenker, wurden oft nicht ernstgenommen. Ich habe damals manche schlaflose Nacht verbracht. Heute fragen uns unzählige Weinbauern um Rat, was den biologisch-dynamischen Weinbau betrifft.“ 
Rainer Loacker

Drei Weingüter, eine Philosophie. Sie nennen sich selbstbewusst die Bioneers. Der Wein ist in erster Linie Ausdruck der ganzheitlichen geistigen Lebenseinstellung der Familie, betonen Vater und Sohn. „Unsere Weine beeindrucken durch ihre Natürlichkeit“, so Hayo Loacker, verantwortlicher Geschäftsführer und Weinmacher. „Sie besitzen viel Charakter und zeigen im Glas eine tiefe Harmonie.“

„Wir machen Wein im Einklang mit der Natur, pflegen die Einzigartigkeit unseres Terroirs und schätzen die Besonderheit eines jeden Jahrgangs”, bestätigt der Vater. Über die Biodynamie nehme man Einfluss auf die Bodenqualität und die Fruchtbarkeit der Rebe. So wird zum Beispiel zweimal im Jahr bis auf dreißig Zentimeter Tiefe der Boden gelockert und eine Einsaat zwischen den Rebzeilen vorgenommen. „Wir wollen Vielfalt im Weinberg, als Ausgleich zu den Rebzeilen, die an sich ja eine Monokultur darstellen,“ so Hayo Loacker. Eine Vielfalt von Insekten und eine Vielfalt an Vegetation sorgen für eine gute Durchwurzelung und Durchlüftung des Bodens. “Damit schaffen wir einen lebendigen Weinberg.” Davon überzeugen wir uns beim Spaziergang entlang der Rebzeilen, wo es krabbelt, fleucht und kreucht. Die Reben erfreuen sich dank der Aufbringung biodynamischer Präparate prächtiger Gesundheit. Der Einsatz von

Homöopathie stärkt sie in ihrer Resistenz gegen Umwelteinflüsse, zum Beispiel Pilzerkrankungen.

„Mit der Natur gehen ist das Wichtigste“, betont Rainer Loacker. Zentral sei, mit der Rebe in einen Dialog zu treten und ihre Bedürfnisse zu verstehen. Stahl und Beton sucht man im Loacker’schen Weinberg vergebens, die Düngung erfolgt nicht durch die Gabe von Kompost, sondern ganz natürlich durch den Bewuchs unter und zwischen den Rebzeilen. Anfangs, vor vierzig Jahren, gab es Widerstände, an die sich Rainer Loacker lebhaft erinnert. „Wir waren Querdenker, wurden oft nicht ernstgenommen. Ich habe damals manche schlaflose Nacht verbracht. Heute fragen uns unzählige Weinbauern um Rat, was den biologisch-dynamischen Weinbau betrifft. Die Zukunft weist klar in Richtung Biodynamie. Wir besitzen damit seit vierzig Jahren Erfahrung. Die kann uns keiner nehmen.“

Auf den sieben Hektar Rebfläche werden typische Südtiroler Rebsorten wie Vernatsch und Lagrein kultiviert, doch auch internationale Sorten wie Sauvignon Blanc, Chardonnay, Merlot und Cabernet Sauvignon fühlen sich wohl an den steilen Hängen oberhalb Bozens. Eine maschinelle Bearbeitung ist fast nicht möglich, sie erfolgt daher beinahe ausschließlich mit Hand.

Das Mikroklima tut sein Übriges: die heißen Tage und kühlen Nächte auf knapp 500 Metern ü.M. lassen die Trauben die perfekte Reife erlangen und sorgen für saftige Weine mit einer eleganten Frische. Die Vergärung erfolgt unter Einsatz eigener Jahrgangshefen rebsorten- und lagenspezifisch. „Dadurch erhält jeder Wein und jeder Jahrgang seinen eigenen Charakter“, erklärt Hayo Loacker. Die Loackers bauen auf die Battonage, das Aufrühren des Hefesatzes, beim Ausbau setzen sie auf große Holzfässer, um den Weinen die Möglichkeit und vor allem die Zeit zu geben sich zu entwickeln.

Nachdem wir uns so angeregt die Beine vertreten haben, dürfen wir im Sky Pavillon ans Verkosten gehen. Eingebettet in den Weinberg und von wunderbaren Ausblicken verwöhnt, begegnen wir allem, das der lebendige Weinberg zu bieten hat – und werden nicht enttäuscht.

Wir beginnen mit den vielversprechenden Weinen aus der Steiermark, dem Blanc Libero Bacco 2017 und dem Altsteirischen Mischsatz 2018. Uns gefällt ihre Tiefe und Fülle und dass sie trotz ihrer Komplexität griffig sind. Weiter geht es mit dem Atagis 2018, einem schlanken und verspielten Gewürztraminer aus der Lage Kalter Keller im Eisacktal, angenehm weich am Gaumen. Burgundisch mutet uns ein 2011er Chardonnay an, der erst im nächsten Jahr auf den Markt kommt, nach stolzen sieben Jahren im Tonneau. Die Feinhefe sorgt hier für eine lebendige Frische, die uns außerordentlich gut gefällt. Hayo präsentiert uns zwei weitere Weißweinschätze, den Sauv gnon Tasnim 2004, dessen aktueller Jahrgang gerade von Falstaff ausgezeichnet wurde, und einen 1995er Chardonnay. Beide sind exzellent gealtert und beeindrucken mit schöner Säure und Saftigkeit am Gaumen. „Die sind spannend!“ formuliert Christine es treffend.

Weiter geht’s mit Rot. Wir bleiben zunächst in Südtirol und verkosten den Gran Lareyn Lagrein Riserva 2016. Nach dreißig Monaten im Holzfass besitzt er eine großartige Harmonie, im Geschmack ist er voll, im Abgang weich und langanhaltend. Seine Frische paart sich mit einem angenehm kühleren Charakter. Da wir im Sky Pavillon über den Dingen schweben, fällt es nicht schwer, einen Ausflug in die Maremma zu unternehmen. Los geht’s mit dem

Poggio Marcone 2016, einem Morellino di Scansano der Tenuta Valdifalco. Bereits die von einer spanischen Künstlerin gestalteten Etiketten versetzen uns ins Träumen. Der Wein ist ein Traum für Sangiovese-Fans, in der Nase integrieren sich rote Früchte und zarte Holzaromen, am Gaumen Fruchtigkeit und Reifenoten. Es folgt der Lodolaia 2016, der auf dem Weingut Valdifalco produzierte, spontan vergorene Syrah. Rubinrot in der Farbe, präsentiert er sich in der Nase komplex und intensiv. Am Gaumen überzeugen eine angenehme Säure und vielversprechendes Tannin.

Zum Schluss dürfen wir die Weine aus Montalcino genießen. Denen hat auch Robert Parker bereits mehrfach 92 Punkte und mehr verliehen. Der Rosso di Montalcino 2016 erfreut uns mit samtigem Tannin, der Brunello di Montalcino Vigna „Poggio Molino al Vento“ 2014 ist kraftvoll und konzentriert. Wir genießen hier eine der besten Lage der Tenuta Corte Pavone, das Ergebnis von bis zu siebzig Mikrovinifizierungen, wie uns Hayo erklärt. Der 2013 Brunello di Montalcino „Fiore del Vento“ 2013, benannt nach dem Windröschen, versetzt uns ins Träumen mit seinem seidigen Tannin und seiner Ausdruckskraft. Den krönenden Abschluss bildet ein 1999er Brunello di Montalcino. Wir sind nicht in der Toskana, doch es ist uns beinahe so, als seien wir dort. Und wir können Rainer Loacker nur zustimmen, der sagt, „Dieser Wein gibt dir Energie, Kraft und Freude.“

Fotos: © Roman Gasser

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