Einstieg in Marlings Unterwelt

Der Wein-Erlebniskeller vom Alt-Bürgermeister Walter Mairhofer aus Marling.

von Theo Hendrich

Im Jahre 1652 wurde der Rochelehof im Herzen von Marling das erste Mal urkundlich erwähnt und war über die Jahrhunderte ein typischer Bauernhof des Burggrafenamtes, vorwiegend Obst- und Weinanbau. Heute ist er das Zuhause von Marlings Alt-Bürgermeister Walter Mayrhofer und seiner Familie. Seit einigen Jahren hat er sich mit viel Engagement einer großen Passion verschrieben, die Weinkultur der Region und alles was damit in Verbindung steht. Aus dieser Passion ist heute ein erlebbarer Weinkeller im Untergrund von Marling entstanden, der für interessierte Besucher zugänglich ist. In einem großzügigen und verwinkeltem Kellersystem liefern zahlreiche Gerätschaften, Bilder, Film- und Toneinspielungen Einblick in die Welt der Vorfahren und machen deutlich, was wir hierzulande unter dem Begriff Weinkultur verstehen dürfen. Technische und raumgestalterische Details machen die Führung zu einem besonderen Erlebnis. Teilweise sind aufwendige Spezialanfertigungen verbaut, die als einzigartige Speziallösungen gesehen werden dürfen und so manchen Handwerker an die Grenze seines Könnens brachten. Z.B. eine rund 1200 kg schwere Granitplatte, die als vollautomatische Zugangstür agiert. Über all dieser Passion schwebt nicht nur ein wissenschaftlich-historischer Aspekt. Besucher erwartet eine geführte ca. 1,5 stündige Reise durch alte Bauerregeln, Gerätschaften, alte Rechte und Pflichten am Hof, den Werdegang beim Einkellern und so manch unterhaltsamer Abstecher in die berauschende und gesellige Weinliteratur, Musik und Lyrik und Kunst im Allgemeinen. Verschiedene Verkostungsstationen tragen zur Kurzweiligkeit bei. Daher möchte Walter Mairhofer sein Werk nicht als Museum, sondern als Erlebniskeller verstanden wissen. Dionysos ist für Sie eingestiegen und gibt nur einen kurzen Einblick in diesen Teil der Marlinger Unterwelt.

Von Station zu Station – wie ist der Keller aufgebaut:
Es beginnt bereits vor dem Eingang zum Keller mit einer Etikettenwand, um gleich zu Beginn auf die Bedeutung der Etikette am Wein hinzuweisen. Dann betritt man, wie er in jedem Weinkeller zu finden ist, den Vorraum und wird thematisch auf das Weitere vorbereit. Dort begegnet man einem „Saltner“. Weiter, in den Raum wo die Torggl steht, Herzstück eines jeden alten Weinkellers und Ursprung vieler Höfe- oder Familiennamen und nicht zuletzt für die allseits beliebte Törggelezeit. Von dort weiter in die Ansetz, jener Teil im Keller der stehenden Weinfässer, die mit dem Wein aus der Torggl gefüllt wurden. Ein erster kleiner Verkostungsraum gibt kurz Einblick in die Verkostungstechnik. Nun wird der Besucher in den dahinter gelegenen Lagerraum geführt. Unter dem akustischen Eindruck Gregorianischer Gesänge endet hier die reale Welt des Weines und tritt ein in die surreale Welt des Weines. Durch einen kurzen nachgebauten Bergwerkstollen (Symbol für die Unterwelt) gelangt man, nach dem Durchschreiten einer rund 1200 kg schweren und vollautomatischen Tür aus Granit, in das sogenannte Sensorium, um sich hier auf die Themenwelt Wein im weiteren Sinne einzulassen. Es darf weiter verkostet werden, auf Wunsch begleitet von einer typischen Marende. Abschluss bildet der Imkerraum, früher ein wichtiger Zu- und Nebenerwerb für viele Bauernhöfe. Gleichzeitig dient der Raum als Watterstübele, denn – wie wir alle wissen – ein gutes Glasl und ein „guater Watter“ in geselliger Runde ist ebenso Teil der heimischen Weinkultur. Bestimmt hat so manch prominente Südtiroler*in in diesem Stübele beim Alt-Bürgermeister von Marling den Guaten, Rechten oder Trumpf ausgespielt.

Walter Mairhofer im Gespräch

Wie kam es dazu so einen Wein-Erlebniskeller in Angriff zu nehmen?
Wie oft bei solchen Sachen spielt der Zufall eine große Rolle. Vor über 10 Jahren, wir haben am Hof grundlegende Renovierungsarbeiten durchgeführt, kam im Kellergewölbe völlig überraschend ein Torgglstein samt Torggloch zum Vorschein. Gleich danach entdeckten wir eine alte Steinmauer mit einem Eingangsbogen der früher als Zugang zu einem alten Weinkeller diente. Das wurde von einem Archäologen bestätigt. Ab da nahmen die Dinge ihren Lauf. Als Historiker und passionierter Weinliebhaber hat mich das Thema nicht mehr losgelassen und das Ergebnis zeigt sich heute im Wein-Erlebniskeller.

Sie sprechen immer vom Erlebniskeller und nicht von einem Museum. Warum?
Zum einem müsste man, um als Museum anerkannt zu werden, völlig andere Voraussetzungen erfüllen und das war nie mein erklärtes Ziel. Das Ganze ist reine Passion. Schon in meiner Zeit als Bürgermeister war es mir wichtig in Marling das Thema „Weinkultur im Dorf“ voran zu bringen. Mit diesem Keller möchte ich zum einen die historisch-kulturelle Bedeutung des Weines in unserer Gegend korrekt wiedergeben. Zum anderen gibt es rund um das Thema noch so viele andere Dinge und Eigenschaften, die sich nicht in ein wissenschaftliches Korsett stecken lassen. Zudem bin ich nicht an fixe Öffnungszeiten gebunden. Besuche und Führungen finden nur mit Voranmeldung statt. (siehe Hinweis im Steckbrief)

Wer sind ihre Besucher?
In den Sommermonaten hat der Tourismusverein Marling Führungen im Programm. Ansonsten sind die Besucher bunt gemischt und vorwiegend Einheimische. Es ist so, dass sich pro Führung (nur auf Vormerkung), die ca. 1,5 Std. dauert, max. 12-13 Personen eignen. Auf Wunsch und Absprache kann der Termin mit einer Marende verlängert werden. Was mich aber besonders freut ist, dass immer wieder mal Schulklassen kommen. Da ändere ich allerdings die Führung völlig. Selbstverständlich steht da nicht Wein und Weingenuss im Mittelpunkt. Vielmehr möchte ich Themen wie bäuerliche Tradition sowie Wein und Kultur vermitteln. Und ich bin immer wieder überrascht, wie das die Kinder fasziniert.

Sie haben viel Zeit, Energie und sicherlich auch Geld in technische Details gesteckt und das in Kombination mit multimedialen Elementen. Alles Eigenregie?
Eines vorneweg, rein ökonomisch rechnet sich die ganze Sache überhaupt nicht. Neben dem finanziellen Aufwand steckt vor allem Passion und Herzblut in diesem Projekt. Solange ich diese Freude spüre und es mir möglich ist, mache ich das. Handwerklich bin ich völlig unbegabt. Hier habe ich nach vielen Versuchen engagierte Handwerker gefunden, die imstande waren, meine Ideen und Vorstellungen umzusetzen. So mach Handwerker ging hart an seine Grenzen. Heute ist es oft umgekehrt, d.h. dass ich von ihnen gefragt werde, ob sie nicht mal wieder eine knifflige Aufgabe für mich lösen könnten (lacht). Die Multimediaprojekte habe ich weitgehend selbst realisiert mit so mach wertvoller Unterstützung von einigen heimischen Promis (Rudi Gamper, Thomas Hochkofler, Dietmar Gamper …).

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